Dienstag, 22. Januar 2008

Ursprung und Verwandlung einer Figur

Die Frage nach der Findung, dem Sinn und der Herkunft der Tubenfigur wird immer wieder gestellt. Neben Texten von verschiedenen Autoren habe ich 1984 in einer «Zeittafel zur Entwicklung meiner Figur» und einer «Tabelle mit den verschiedenen Figurentypen» die chronologische Entwicklung dieser Kunstfigur dargestellt. Diese «Biografie einer Kunstfigur» soll nun mit meiner Biografie erweitert werden – die eine ist ohne die andere nicht mehr denkbar.

Wir erinnern uns an die enorme Fähigkeit aus unserer Kindheit, in formtypische Steine, Hölzer, Zweige usw. Menschen- und Tierwesen hinein zu projizieren oder herauszulesen. Da verwandelte sich eine Handvoll Schwemmhölzer am Fluß, gebrochene Baumzweige, vermoderte Holzstücke im Wald zu Vater, Mutter, Prinz, König, Hexe, Teufel, Zwerg. Mit diesen Figuren wurden die Geschichten und Bilder aus der Welt der Märchen und der eigenen übervollen Fantasie gespielt und gelebt. Hier liegt der Ursprung meiner späteren (Spiel)-Figur.

Meine frühe Kindheit verbrachte ich ohne Geschwister und Spielgefährten in einer noch unbesiedelten Landschaft, die mit ihren Busch- und Baumwäldern, Weideflächen, Mooren und Weihern unerschöpfliche Spielplätze bot, in denen aber die Spielgefährten fehlten. Ihre Stelle mußten meine Fantasiefiguren aus Hölzern, Zweigen und Steinen einnehmen, ausfüllen. Später kamen aus Stanniolpapier geformte Figürchen hinzu, mit denen hauptsächlich während der Wintermonate im Kinderzimmer vor Pappschachtelbühnen und Kulissen Geschichten gespielt wurden.

Zwischen diesen letzten Stanniolfigürchen und den ersten Tubenfiguren liegen rund 20 Jahre, Jahre, in denen das kindliche Spiel dem rationalen Denken der Erwachsenenwelt weichen sollte. Die Spuren dieser «Kindheitsfiguren» blieben aber irgendwo unter meiner Hirnrinde als Formchiffre gespeichert, abrufbar durch ein optisches Formsignal von außen.
Das Signal gab eine ausgedrückte Farbtube auf dem Maltisch neben der Staffelei, die in der zufälligen, unabsichtlichen Verformung figurative Züge annahm, die dem Ur- oder Vorbild meiner inneren Figur entsprach.

Für mich bedeutete die folgenschwere Entdeckung dieser Tubenfigur gleichzeitig Wiederfindung, Anknüpfung an meine Kindheit, Zurückerinnerung an Spiele und Rituale mit den frühen primitiven Figuren. In dieser Tubenfigur erkannte ich die starke Verwandtschaft zu den Figurenrelikten meiner Kindheit und somit die Wiederfindung meiner wahren Identität und eigenen Sprache.
Wer diese Kunstfigur nur als künstlerisches Markenzeichen deklariert, übersieht das Archetypische, Idolhafte dieser Kunstfigur und das Phänomen ihrer ständigen Wandlungsfähigkeit, die seit 25 Jahren immer neue Figurentypen und Figurenevolutionen erbracht hat.

Jürgen Brodwolf

Montag, 21. Januar 2008

Sammler sind glückliche Menschen

Vom 25.1. bis 27.1.2008 findet die Stuttgarter Antiquariatsmesse im Württembergischen Kunstverein (Schlossplatz 2) statt. St. Gertrude ist in Raum 1 (Rotunde) an Stand 9 zu finden.

Untrennbar mit Horst Janssens Werk verbunden, zeigt St. Gertrude dort Seltenes, Vergriffenes, Limitiertes, Vorzugsausgaben und Signiertes. Dazu präsentieren wir Dieter Roth mit seltener Graphik und Buchvorzugsausgaben sowie Jürgen Brodwolf mit einzelnen Originalarbeiten.

Vernissage: 26. Januar 2008 um 18.30 Uhr im Württembergischen Kunstverein, mit einem Vortrag von Reinhard Wittmann und einer Einführung von Eberhard Köstler. Musik: Lorenzo Petrocca. Eintritt frei!